Viele Vorgänge in der Technik lassen sich durch
Differenzialgleichungenbeschreiben.
Man findet sie in der Physik, der Chemie, der Biologie und in vielen anderen
Wissenschaften, in denen Mathematik angewendet wird. Das Bemerkenswerte an
Differenzialgleichungen ist, dass vor allem Veränderungen bestimmter Größen
relativ einfach in Form einer Differenzialgleichung formuliert werden können,
was die Berechnung meistens wesentlich vereinfacht. So kann man zum Beispiel
mit Hilfe der Differenzialgleichungen den Bevölkerungswachstum, die Vermehrung
von Bakterien oder den radioaktiven Zerfall zu jedem beliebigen Zeitpunkt
ausrechnen, wenn die am Anfang vorhandene Menge bekannt ist. Aber auch solche
physikalische Prozesse wie Schwingungen, der freie Fall oder optische Systeme
lassen sich in Form einer Differenzialgleichung ausdrücken.
Im
Rahmen des Mathematikunterrichts in der Oberstufe wird der Schüler mit dem
Bereich der Differenzialrechnung konfrontiert. Man lernt die Grundsätze der
Kurven-diskussion, des Ableitens und des Integrierens kennen, welche als
Voraussetzungen für das Verstehen der höheren Mathematik unabdingbar sind.
Eines der weiterführenden Teilgebiete, bei dem diese Vorkenntnisse notwendig
sind, befasst sich mit der Problematik der Differenzialgleichungen.
Die vorliegende Arbeit
will nun zunächst in das Gebiet der gewöhnlichen Differenzial-gleichungen
einführen, wichtige Grundbegriffeerklären und einige Lösungsmethodenfür Differenzialgleichungen aufzeigen, wobei auch mathematische Sonderfälle
wie dieBernoulli’sche und Riccati’sche
Differenzialgleichung behandelt werden. Dabei werdendie einzelnen Lösungsmethoden nachvollziehbar hergeleitet und
durch Beispiele verdeutlicht.
Kapitel 2:Definition, Einteilung
und Grundbegriffe
2.1Definition einer Differenzialgleichung
Wir betrachten zunächst eine Funktion
.(1)
Es gibt unendlichvieleZahlenpaare , die Gleichung (1) erfüllen und den Graphen derFunktion, in diesem Fall eine Parabel, bilden.
Nun wird die erste Ableitung der Funktion betrachtet:
(2)
Wäre nur diese letzte Gleichung
gegeben, so stünde man jetzt vor der Frage, wie die Ursprüngliche Funktion lautet. Gelingt die
Beantwortung dieses Problems, so hat man schon eine erste sehr einfache
Differenzialgleichung gelöst.[1]
Da die Differenzialgleichung (2) durch das Ableiten
einer Funktion entstanden ist, liegt es nahe, die Lösung mit Hilfe der
Integration zu suchen. Beide Seiten werden nun unbestimmt nach x integriert:
(3)
Man
erhält:
mitk, l Î Â(4)
und
ersetzt die Differenz der Integrations-
konstanten
k und l durch eine Konstante C:
aus(5)
folgtmit C Î Â.(6)
Die Lösung der Differenzialgleichung (2) ist also eine
Parabelschar mit einer willkürlichenKonstanten. In der Abbildung rechts werden einige Grafen der
Funktionen
Aus dieser Parabelschar dargestellt.
Anhand dieses einfachen Beispiels lassen sich
bereits einige wichtige Begriffe erklären:
Eine Differenzialgleichung,
oft abgekürzt als DGL,
ist eine Gleichung, die eineFunktion f(x) und eine oder mehrere Ableitungen dieser Funktion enthält.[2]
Um eine DGL zu lösen, muss eine Funktion gefunden werden,
die der Differenzial-gleichung genügt.[3]
Die Lösungen sind also Funktionen, und die Differenzialgleichung selbst
beschreibt eine Beziehung zwischen diesen Funktionen und ihren Ableitungen.[4]
Beispiele für
Differenzialgleichungen mit konstanten Koeffizienten:
mitaÎ Â
Beispiele für
Differenzialgleichungen mit Funktionen als Koeffizienten:
f(x),p(x) und q(x) sind stetige Funktionen
2.2Allgemeine, partikuläre und singuläre Lösungen
Die Aufgabe, elementare
Differenzialgleichungen zu lösen, besteht im wesentlichen darin, die
Stammgleichung zurückzugewinnen, aus der die Gleichung entstanden ist.[5]
Eine Funktion y=y(x)
heißt eine Lösung der
Differenzialgleichung, wenn sie mit ihren Ableitungen die Differenzialgleichung identisch erfüllt.[6]
Wir unterscheiden zwischen der allgemeinenLösung
und der partikulärenLösung. Im Beispiel aus dem Abschnitt 2.1
erhielt man zunächst eine unendliche Menge von Funktionen, die die
Differenzialgleichung erfüllten und sich nur
durch eine willkürliche Konstante C
(oder auch Parameter C genannt)
unterschieden:
mitCÎ Â.
Die Gesamtheit dieser Funktionen wird als allgemeine Lösung oder allgemeines Integral der
Differenzialgleichung bezeichnet.[7]
Wird dem Parameter C ein fester Wert zugeordnet, erhält man eine einzelne Funktion der
Schar, die als partikuläre Lösung
oder partikuläres Integral bezeichnet
wird.5
Für erhält man zum
Beispiel die Funktionsgleichung
Dies ist eine partikuläre Lösung der
Differenzialgleichung.
Eine partikuläre Lösung wird also aus der allgemeinen
Lösung gewonnen, indem man aufgrund zusätzlicher Bedingungen den Parametern
feste Werte zuweist. Dies kann durch Randwertbedingungen oder Anfangsbedingungen
geschehen.6
Später sehen wir anhand eines Beispiels
(siehe Abschnitt 3.2), dass die allgemeine Lösung nicht alle partikuläre
Lösungen einschließt. Solche Lösungen, die sich nicht durch Spezialisierung der
Konstanten C ergeben, heißen singuläre Lösungen.[8]
2.3Gewöhnliche und partielle Differenzialgleichungen
Differenzialgleichungen werden
nach unterschiedlichen Kriterien klassifiziert. Dabei schließen sich die
einzelnen Klassifikationen nicht gegenseitig aus.
Zunächst können Differenzialgleichungen
nach der Anzahl der unabhängigen
Veränderlicheneingeteilt
werden. Eine unabhängige Veränderliche oder unabhängige Variable ist eine
Größe, die nach und nach beliebige Zahlenwerte unabhängig von den anderen
Größen annehmen kann.[9]
In dem Beispiel ist x die unabhängige Veränderliche, weil x beliebige Werte aus der
Definitionsmenge unabhängig von der Variablen y annehmen kann. Dagegen wird y
als abhängige Veränderliche oder abhängige Variable bezeichnet, weil der
Wert von y von dem Wert, den die Variable x annimmt, abhängig
ist.
Enthält die
Differenzialgleichung nur eine einzige unabhängige Veränderliche, so sind die
Ableitungen gewöhnliche Ableitungen und die Gleichung wird dementsprechend als
eine gewöhnliche Differenzialgleichung
bezeichnet.[10]
Beispiele
für gewöhnliche Differenzialgleichungen:
Enthält die
Differenzialgleichung zwei oder mehr unabhängige Veränderliche, so sind die
Ableitungen partielle Ableitungen und die Gleichung wird dementsprechend als
eine partielle Differenzialgleichungbezeichnet.10
Beispiele
für partielle Differenzialgleichungen:
In dieser Arbeit betrachten wir
nur gewöhnliche Differenzialgleichungen und gehen auf partielle
Differenzialgleichungen nicht näher ein.
2.4Ordnung der Differenzialgleichung
Als Nächstes
können Differenzialgleichungen nach der höchsten vorkommenden Ableitung
eingeteilt werden. An dieser Stelle soll zuerst der Begriff der Ordnung einer
Differenzialgleichung eingeführt werden.
Unter der Ordnung einer Differenzialgleichung
versteht man die Ordnung der höchsten vorkommenden Ableitung.10
Die allgemeine Form für eine gewöhnliche DGL erster Ordnung lautet:
Diese Schreibweise bedeutet, dass die DGL erster Ordnung eine
Funktionf(x), mit einer unabhängigen Veränderlichen x und der abhängigen Veränderlichen y, und die erste Ableitung von y beinhaltet.
Die allgemeine
Form für eine gewöhnliche DGL zweiter Ordnung lautet demnach:
Die höchste vorkommende Ableitung ist in diesem Fall
zweiter Ordnung.
Bei den gewöhnlichen
Differenzialgleichungen n-ter Ordnung handelt es sich um Gleichungen vom
folgenden Typ:[11]
Beispiele:
gewöhnliche
DGL erster Ordnung
gewöhnliche DGL
zweiter Ordnung
gewöhnliche DGL
dritter Ordnung
2.5Lineare Differenzialgleichungen
Bevor wir den
Gleichungstyp lineare Differenzialgleichungen anschauen, soll hier der
Bergriff Gradeiner
Differenzialgleichung erläutern.
Als Gradeiner
Differenzialgleichung wird die höchste auftretende Potenz einer Funktion
und ihrer Ableitungen in dieser Differenzialgleichung bezeichnet.[12]
Kommt ein Produkt der Funktion
und ihrer Ableitung/en vor, so ist der Grad der Differenzialgleichung die Summe
ihrer Potenzen.
Beispiele:
gewöhnliche DGL zweiter Ordnung ersten
Grades
gewöhnliche DGL erster Ordnung zweiten
Grades
gewöhnliche DGL
erster Ordnung dritten Grades
Differenzialgleichungen
ersten Grades heißen auch linear.
Differenzialgleichungen heißen linear,
wenn die unbekannte Funktion und ihre Ableitungen nur linear, d. h. in der
ersten Potenz und nicht miteinander multipliziert vorkommen.[13]
Die allgemeine Form der
Differenzialgleichung erster bzw. zweiter Ordnung lautet:[14]
lineare DGL zweiter Ordnung
lineare DGL erster Ordnung
Die Funktion heißt Störfunktion oder Störglied der Differenzialgleichung. Gilt14
, so heißt die DGL homogen,
, so heißt die DGL inhomogen.
Beispiele für lineare homogene
Differenzialgleichungen:
Beispiele für lineare inhomogene
Differenzialgleichungen:
Im Gegensatz zu den nichtlinearen Typen haben die
linearen viele gemeinsamen Eigen-schaften und lassen sich daher systematischer
behandeln. Man ist in der Lage, allgemeine Aussagen über die Lösungen zu machen
und darauf Lösungsmethoden aufzubauen.14
2.6Explizite und implizite Differenzialgleichungen
Differenzialgleichungen können
explizit oder implizit dargestellt werden:[15]
explizite
Form
implizite
Form
Explizit heißt „entwickelt“. Eine
explizite Funktionsgleichung ist nach einer der Veränderlichen entwickelt, d.h.
nach einer der Veränderlichen, und zwar nach der abhängigen Veränderlichen,
aufgelöst.[16]
Eine explizite Differenzialgleichung liegt vor, wenn sie nach der
höchsten vorkommenden Ableitung aufgelöst ist.[17]
Implizit
heißt „unentwickelt“. Eine implizite Funktionsgleichung ist nicht nach einer
der Veränderlichen aufgelöst.[18]
Eine
Differenzialgleichung, die nicht nach der höchsten vorkommenden Ableitung
aufgelöst ist, heißt implizite Differenzialgleichung.17
Beispiel:
Eine explizite
Darstellung einer Differenzialgleichung 2. Ordnung liegt vor, wenn sie nach aufgelöst ist:
.
Die Implizite Form dieser Differenzialgleichung 2. Ordnung
lautet:
.
Nicht jede in impliziter
Darstellung gegebene Differenzialgleichung lässt sich in eindeutiger Weise nach
der höchsten Ableitung auflösen und damit in expliziter Gestalt schreiben.[19]
Kapitel 3:Beispiele für einige lösbare Typen
3.1Der einfachste Typ von Differenzialgleichungen
Der einfachste Typ von Differenzialgleichungen ist ein Spezialfall
einer gewöhnlichen Differenzialgleichung erster Ordnung:
(7)
Die DGL (7) kann auch in der Form
oder
geschrieben werden, denn y
bzw. y’ sind stets als Funktionen von x zu betrachten. Der
Ausdruck wird in der Literatur
als Differenzialquotient bezeichnet.[20]
Durch Integration beider Seiten nach dy
bzw. nach dx
(8)
erhält man die allgemeine Lösung der
DGL:
Â(9)
Man kann der Konstanten C in
(9) unendlich viele Werte erteilen und y
erfüllt jedes mal die Differenzialgleichung (7), ist also jedes maleine Lösung dieser Differenzial-gleichung.
Mit Hilfe eines
einfachen Beispiels wird die Vorgehensweise noch mal verdeutlicht (siehe auch
Abschnitt 2.1):
(10)Beispiel
(11)Integration beider Seiten nach dy
bzw. nach dx
Â
(12)Allgemeine Lösung der
Differenzialgleichung
3.2Trennung der Variablen (Separation)
Eine DGL 1.Ordnung heißt separierbar,
wenn sie die allgemeine Form
(13)
hat.[21] Ist die
Differenzialgleichung separierbar, so lässt sich der Lösungsansatz Trennung
der Variablen (in der Literatur auch als Separation bezeichnet) anwenden.
Bei dieser Methode wird eine Umformung der Gleichung durchgeführt, so dass auf
einer Seite nur die Variable x mit ihrem Differenzial dx und auf der anderen Seite nur die
Variable y mit ihrem Differenzial dy
auftritt:
(14)
Anschließend werden beide Seiten nach der jeweiligen Variablen
integriert:
bzw.
(15)
Durch die Integration der linken Seite nach dy bzw. der rechten
Seite nach dx, erhält man die allgemeine Lösung der
Differenzialgleichung (13).
Die Methode
„Trennung der Variablen“ wird anhand eines konkreten Beispiels näher erläutert:
(16)Separierbare DGL 1.
Ordnung
—Trennung der Variablen
(17)Gleichung mit getrennten
Variablen
(18)Integration beider
Seiten nach dy bzw. nach dx
(19)
Wir erhalten auf beiden
Seiten jeweils eine
Integrationskonstante
—und fassen sie zu einer Konstanten zusammen
Â(20)Ersetzen der Konstanten k und l durch C
(21)Umkehrfunktion von ln
(22)Anwendung der
Potenzregel
—Definieren der Konstanten als D
(23)Ersetzen der Konstanten durch D
(24)Auflösen der
Betragsstriche
Â\—Zusammenfassen der Konstanten zu A
(25)Allgemeine Lösung der
DGL
Zusätzlich sollte immer der besondere Fall untersucht
werden, ob die eventuelle Lösungin der Lösungsmenge
vorhanden ist:
Ist , dann ist die Ableitung.
Beide Werte setzt man in die Differenzialgleichung (16)
ein:
Man
sieht dass die Differenzialgleichung (16) erfüllt, d. h. ist eine Lösung
dieser Differenzialgleichung. Hiermit wurde eine zusätzliche singuläre Lösung bestimmt, die jedoch in
der allgemeinen Lösung nicht beinhaltet ist, denn damit der Term den Wert „0“ annimmt,
muss die Konstante A gleich null sein, weil . Die Konstante A wurde aber so definiert, dass sie
immer verschieden von null ist: Â\. Es folgt daraus, dass der Ausdruck mit Â\ immer verschieden von null ist, was bedeutet, dass die
Lösung in der allgemeinen
Lösung nicht vorhanden ist. Somit haben wir gezeigt, dass die allgemeine Lösung
nicht alle partikuläre Lösungen einschließt (vgl. Abschnitt 2.2). Man fasst die
allgemeine Lösung (25) und die singuläre Lösung zur einer neuen allgemeinen
Lösung zusammen und erhält als Ergebnis:
(26)
Als Nächstes möchten wir noch mal
verdeutlichen, was eine partikuläre Lösung ist. Gesucht ist eine spezielle
Lösung der Differenzialgleichung mit der Randbedingung .Man setzt die Werte
und in die allgemeine
Lösung (26) ein, um die Konstante A zu bestimmen:
Man setzt die ausgerechnete
Konstante in die allgemeine Lösung der Differenzial-gleichung ein und erhält
die gesuchte partikuläre Lösung, die die Differenzialgleichung (16) und
zugleich die vorgegebene Randbedingung erfüllt:
3.3Substitution
In der Integralrechnung verwendet man eine Methode namens
Substitution, bei der sich gewisse Gruppen von Integralen auf die sogenannten
Grundintegrale zurückführen lassen, indem man eine Funktion ersetzt und zu einer
neuen Variablen v, übergeht.[22]
Damit muss man auch das neue Differenzial dv einführen, das man aus der
Beziehung erhält.22
Die Integration durch
Substitution wurde im Seminarunterricht auf folgende Weise definiert:[23]
mit und
Ein ganz ähnliches Verfahren ist auch bei den
Differenzialgleichungen möglich. Es hat daher die gleiche Bezeichnung wie in
der Integralrechnung, nämlich Substitutions-methode.22 Oft
wird die Substitutionsmethode in der Literatur auch als Ähnlichkeits-transformation
bezeichnet.
Jede Differenzialgleichung der
Form
, (27)
wobei a, b und c konstant sind und , lässt sich durch den Lösungsansatz Substitution in separierbare Gestalt bringen und lösen.[24]
Wir führen zuerst die neue unabhängige Variable v ein:[25]
(28)
Dann ist nach x
abgeleitet:
(29)
v’ soll nun die
neue abhängige Variable sein. Durch das Ersetzen von y’ in der Gleichung (29)
durch (27)erhalten wir:
(30)
Ersetzt man in (30) durch v (siehe
(28)), so entsteht die Gleichung:
(31)
Weiter verfährt man mit der Methode Trennung der
Variablen, die schon in dem Abschnitt 3.2 vorgestellt wurde:
(32)
Durch das Integrieren erhält man auf der linken Seit eine
neue Funktion :[26]
(33)
Wir kehren zu x
und y zurück, indem wir v in (33) durch (28) ersetzen:26
(34)
Wir erhalten die allgemeine Lösung der Differenzialgleichung
(27).26
Mit einem Beispiel soll das
Lösungsverfahren Substitution veranschaulicht werden.[27]
(35)Beispiel
(36)Substitution
(37)Bilden der ersten Ableitung von v
(38)Ersetzen von y’ in
(37) durch (35)
(39)Ersetzen von
—Trennung der Variablen
(40)Gleichung mit getrennten Variablen
(41)Integrieren nach dv
bzw. nach dx
Â(42)
(43)Auflösen der Gleichung nach v
(44)Umformen der Gleichung
(36)
(45) Ersetzen von v
in der Gleichung (44) durch (43)
Â(46)Allgemeine Lösung der DGL (35)
3.4Homogene Differenzialgleichung
Eine Differenzialgleichung der Form
(47)
wird als homogen bezeichnet[28]
(nicht mit der linearen homogenen Differenzial-gleichungen zu verwechseln!). In
der Literatur verwendet man auch manchmal den Begriff der Ähnlichkeitsdifferentialgleichung.[29]
Sie lässt sich durch dieSubstitutions-methode
(siehe Abschnitt 3.3), in eine separierbare Form überführen und mit dem
Verfahren Trennung der Variablen (siehe Abschnitt 3.2) lösen.29
Der Klammer-ausdruck wird substituiert und gleich v gesetzt:
(48)
Wir erhalten somit die Gleichung
.(49)
Wie schon in dem Abschnitt 3.1 erwähnt, ist y und
dementsprechend v als Funktionen von x zu betrachten. Die
Umformung der Gleichung (24) nach y ergibt
(50)
Wir bilden die erste
Ableitung der Gleichung (50) nach x auf der linken und rechten Seite
unter der Anwendung der Produktregel:
(51)
Durch Kürzen ergibt
sich :
oder anders geschrieben
(52)
Wir setzen diesen
Ausdruck in die Gleichung (49) ein und formen im nächsten Schritt nach um:
(53)
Somit haben wir die Differenzialgleichung in die
separierbare Gestalt gebracht und können als nächstes das Verfahren Trennung
der Variablen anwenden:[30]
Wir bekommen eine Gleichung mit getrennten
Veränderlichen:
(54)
und können beide Seiten
nach dx bzw. dy integrieren:
(55)
und erhalten auf der
linken Seite eine neue Funktion :[31]
(56)
Wir kehren zu x und y zurück indem wir v
mit (48) ersetzen: 34
(57)
Dies ist die allgemeine
Lösung der homogenen Differenzialgleichung (47).
Wir möchten ein Beispiel für die
Lösung der homogenen Differenzialgleichung vorführen.[32]
(58)Homogene DGL
(59)Anwendung der
Rechengesetze für Logarithmen
(60)Ausklammern
(61)Substitution
(62)Umformung der Gleichung (61)
(63)1. Ableitung
(64)Einsetzen von (63) und
(61) in (60)
(65)Kürzen
(66)Trennung der Variablen
(67)Gleichung mit getrennten Variablen
(68)Integration
Â(69)
(70)Auflösen der Gleichung nach
(71)Anwendung der Potenzregel
—Definieren der Konstanten als k
(72)Ersetzen der Konstanten durch k
(73)Auflösen der Gleichung nach v
(74)Ersetzen von v mit (siehe (61))
(75)Allgemeine Lösung der DGL (58)
3.5Bernoulli’sche Differenzialgleichung
Als Bernoulli’scheDifferenzialgleichungen
werden Differenzialgleichungen folgender Form bezeichnet:[33]
Â\(76)
(Ist , so handelt es sich um die inhomogene und bei um die homogene
lineare Differenzialgleichung.[34])
Die Bernoulli’sche
Differenzialgleichung lässt sich mit der Substitutionsmethode in eine
inhomogene lineare Differenzialgleichung überführen.34
Wir dividieren zunächst die
Differenzialgleichung durch :[35]
und bekommen
(77)
Im nächsten Schritt wenden wir
die Substitutionsmethode an:34
bzw. (78)
Wir bilden die erste Ableitung
von v und benutzen dabei die
Kettenregel:
(79)
Wir dividieren (79) durch , wobei Â\und erhalten die
Gleichung
,
die sich auch in Kurzform
(80)
schreiben lässt.
Als Nächstes führen wir die
Substitution durch und setzen (78) und (80) in die Differenzialgleichung (77) ein:
(81)
Wir multiplizieren die
Differenzialgleichung (81) mit
(82)
und bekommen
(82)
Wir erhalten eine inhomogene
lineare Differenzialgleichung erster Ordnung.
Lösungsmethoden für lineare
Differenzialgleichungen werden in dieser Arbeit nicht behandelt, denn dies ist
die Thematik einer weiteren Seminararbeit. Aus diesem Grund wird an dieser
Stelle auf weiterführenden Lösungsansatz für inhomogene lineare Differenzialgleichung
verzichtet, wobei aber in dem folgenden Beispiel[36]
die Lösung komplett ausgeführt wird.
(83)Beispiel (hier ist )
—Division durch bzw. Multiplikation
mit
(84)
(85)Definieren des Substitutionsterms
(86)erste Ableitung von v
(87)
(88)Substitution: Einsetzen von (87) und
(85) in (84)
Wir erhalten die gesuchte
inhomogene lineare Differenzialgleichung.
—
(89)
Wir suchen zuerst die Lösung
der entsprechenden homogenen Differenzialgleichung, die für den Fallentsteht.
(89)Entsprechende homogene lineare DGL
bzw.
(90)Trennung der Variablen
(91)Gleichung mit getrennten Variablen
(92)Integration
Â
(93)
—Definieren der Konstanten k als
lnC
(94)Ersetzen der Konstantenk durch C
(95)Anwendung der Rechengesetze für
Logarithmen
(96)Die ln-Funktion hebt sich
An dieser Stelle wenden wir die Methode der Variation
der Konstanten an, indem wir die Konstante C zunächst nicht als
Konstante sondern als Funktion von x betrachten.
(97)1. Ableitung von v nach C
—Wir kehren zu der inhomogenen DGL
zurück
(98)Und ersetzen v durch (96) bzw. v’
durch (97)
(99)
(100)
(101)Integration beider Seiten nach dx
(102)Wir erhalten eine neue
Integrationskonstante
(103)Umformung des Substitutionsterms (85) nach
y
(104)Quadrieren der Gleichung (96)
(105)Ersetzen von C mit (102)
(107)Allgemeine Lösung der DGL
3.6Riccati’sche Differenzialgleichung
Die allgemeine Form der Riccati’schen
Differenzialgleichung lautet[37]
(108)
Für den Fall geht die Riccati’sche Differenzialgleichung in eine
Bernoulli’sche Differenzialgleichung über. Andernfalls lässt sich das
allgemeine Integral nur dann bestimmen, wenn bereits ein partikuläres Integral zum Beispiel durch Ausprobieren bekannt ist.[38]
Man wendet die Substitutionsmethode an und setzt38
(109)
in die Differenzialgleichung (108) ein; es folgt
(110)
Da als partikuläres Integral (partikuläre Lösung) die
Differenzialgleichung (108) erfüllt
(111)
lassen sich (110) und (111) gleichsetzen:38
Nach dem Ausklammern ergibt sich:
und durch Kürzen bekommenwir schließlich:
Wir erhalten also eine Bernoulli’sche
Differenzialgleichung
,(112)
die sich nach der in dem Abschnitt 3.5 vorgestellten
Methode lösen lässt.
Die Vorgehensweise für die Lösung einer Riccati’schen
Differenzialgleichung wird anhand eines konkreten Beispiels demonstriert.
Als Beispiel soll hier die Differenzialgleichung
(113)
gelöst werden.
Durch das Raten erhält man das partikuläre
Integral
Wir verwenden den Ansatz der Substitution :
(114)
und setzen diesen Ausdruck in die Differenzialgleichung
(113) ein:
Nach dem Ausklammern ergibt sich
Durch Zusammenzählen der Summanten entsteht die Gleichung
(115)
Das partikuläre Integral erfüllt die Differenzialgleichung (113):
Diese Gleichung lässt sich vereinfachen:
(116)
Die Gleichungen (115) und(116) werden gleichgesetzt:
Nach der Addition der Summantenerhalten wir die gesuchte Bernoulli’sche Differenzialgleichung:
(117)
Weiter verfährt man wie in dem Abschnitt 3.5. Die
ausführliche Lösung dazu wird in dem Anhang zu der vorliegenden Arbeit
erläutert. Durch die Substitution
und
bekommen wir eine inhomogene lineare Differenzialgleichung
.(118)
Die zugehörige homogene lineare Differenzialgleichung
(119)
hat nach der Trennung der Variablen die Lösung
mitÂ.(120)
Mit dem Verfahren der Variation der Konstanten findet man
dann die Lösung der inhomogenen linearen Differenzialgleichung:
mitÂ(121)
und erhält für v(x)
oder einfacher geschrieben
mit Â.(122)
Schließlich bekommt man die Lösung der Riccati’schen
Differenzialgleichung:
mitÂ(123)
Kapitel 4:Schluss
Die vorliegende Arbeit soll einen Einblick in den
Bereich der Differenzialgleichungen verschaffen und so weit wie möglich
allgemeine Lösungsmethoden vorzustellen, wobei auf die Problematik
ausschließlich von der mathematischen Seite eingegangen wird. Die Thematik
dieser Arbeit umfasst nur einen geringen Teil des umfangreichen Bereiches der
Differenzialgleichungen. Hier werden gewöhnliche Differenzialgleichungen erster
Ordnung behandelt und auf partielle Differenzialgleichungen, sowie
Differenzial-gleichungen höherer Ordnung verzichtet, denn ein tieferes
Vordringen in das Gebiet der Differenzialgleichungen würde den Umfang dieser
Arbeit sprengen.
Differenzialgleichungen spielen in den
Naturwissenschaften, die mathematischer Hilfsmittel bedürfen eine sehr wichtige
Rolle. Leider – so hat eine umfassende Theorie erwiesen, sind, ähnlich wie in
der Integralrechnung, nur wenige Aufgaben elementar lösbar und diese auch nicht
nach einem einheitlichen System, sondern in vielfältiger Weise. Die
Problemstellung ist meistens typisch, d. h. von dem jeweiligen Typ abhängig;
dementsprechend sind die Wege zur Lösung charakteristisch und nicht allgemeiner
Art. Es bedarf also an weiterer Forschung auf dem Gebiet der
Differenzialgleichungen, um neueKategorien aus der gesamten Menge herauszufiltern und passende
Lösungsverfahren für diese zu entwickeln.
Literaturverzeichnis
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Outline Überblicke/ Aufgaben. Übersetzung und deutsche Bearbeitung:
Dipl.-Mathematiker Klaus Wichmann.McGraw-Hill
Book Company GmbH, Düsseldorf 1978
Bachmann, H.: Einführung in die Analysis.
Theorie – Aufgaben – Ergebnisse. Teil 3:
Integrieren – Differenzieren
II. Zürich 1975.
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Friedrich/ Mühlbauer, Paul/ Nikol Friedrich/ Wörle Karl: Mathematische Formeln
und Definitionen. Bayerischer Schulbuch-Verlag; J. Lindauer Verlag (Schaefer),
München 1998, 6.Auflage
Bronstein, Ilja. N./ Semendjajew, Konstantin
A./ Musiol, Gerhard/ Mühlig, Heiner: Taschenbuch der Mathematik. Verlag
Harri Deutsch, Frankfurt/Main, Thun 1999, 4.überarbeitete und erweiterte
Auflage
Collatz, Lothar: Differentialgleichungen. Eine Einführung unter besonderer
Berücksichtigung der Anwendungen. B. G. Teubner, Stuttgart 1973, 5.Auflage
Grossmann, Wilfried: Mathematik II (Analysis II) für Statistik und VWL,
Differrential-gleichungen. Wien-Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Informatik